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Sonntag, 27. Februar 2011

nördliche ruta 40








Misstraue Abkürzungen! Was auf der Karte zweimal kürzer ausschaut, kann in Wirklichkeit - je nach Strassenbelag und Gelände - zehnmal so viel Zeit benötigen. Nach gut vier Monaten und 15'000km dachten wir, diese Lektion gelernt zu haben. Dachten wir. Aber manchmal ist die Versuchung einfach zu gross. Als nördlich von Malargüe die gute alte Ruta 40 schnurstracks nach Norden zu führen schien, anstatt wie die Hauptstrasse einen Umweg über San Rafael zu machen, konnten wir einfach nicht widerstehen.







Nach der ersten Stunde bergauf bergab und erst 20km mehr auf dem Tacho, dämmerte uns, dass wir für die 130km lange Strecke wohl etwas mehr als die erwarteten zweieinhalb Stunden brauchen würden. Aber was soll's? Schliesslich haben wir Zeit und lieben das Abenteuer! Letzteres mussten wir uns aber immer mehr einreden, denn die Strasse - oder was davon übrig blieb - wurde immer abenteuerlicher. Hochplateaus wechselten sich ab mit Canyons, immer wieder schlängelten wir uns hinunter bis zum Flussbett und wieder hinauf. Die Strasse wurde immer enger und nach vier Stunden passierte es. Sie bröckelte unter unserem Gewicht weg, das Hinterrad rutschte ab und wir sassen fest - in einer gefährlichen Schräglage.







Zum grossen Glück geschah es genau vor dem einzigen Haus weit und breit! Mireille suchte die Besitzerin auf:

- Guten Tag, wir hatten einen kleinen Unfall und brauchen Hilfe um aus dem Graben wieder herauszukommen. Dürfen wir ihr Telefon benutzen?
- Ich habe Telefon, aber es funktionniert nicht.
- Aha. Und ein Radio?
- Ich habe Radio, aber es funktionniert nicht.
- Wohnen Sie alleine da oder..?
- Ich habe Mann, aber..
- er funkt..?
- er kommt erst in einer Woche zurück. Er ist Gaucho.
- Aha. Und wann denken Sie, kommt ein anderes Fahrzeug vorbei?
- Heute wahrscheinlich nicht mehr. Vielleicht morgen, vielleicht erst in drei Tagen. Es kommen nicht viele Autos hier vorbei, die Strasse ist zu schlecht.
- ... (Ach, wirklich?!)

Während wir uns schon mit dem Gedanken anfreundeten, drei Tage auf dem Sofa der netten zahnlosen Dame auszuharren, kamen dann aber doch die rettenden Engel in einem Jeep vorbei. Ein Brasilianer und seine Frau, so gut gelaunt wie es nur Brasilianer sein können, und so gut ausgerüstet wie es eigentlich Schweizer sein sollten. Freischaufeln, antäuen, hochziehen. In 20 Minuten waren wir aus unserer misslichen Lage befreit. Gracias amigos!







Jetzt wollten wir es aber etwas ruhiger angehen und Teerstrassen bevorzugen, sobald wie diesen Abschnitt der Ruta 40 hinter uns gebracht hätten. Aber da wir schon hier waren, konnten wir auch gleich einen kleinen Abstecher machen, hinauf auf 3600m zum Vulkan Maipu, der sich bei schönem Wetter wie ein Diamant im Lago Diamante spiegeln soll.














Der Wind liess es zwar nicht zu dieser Spiegelung kommen, aber das Panorama war trotzdem atemberaubend. Oder vielleicht lag es an der dünnen Luft. Ein Vorgeschmack dessen, was uns noch in Bolivien erwarten wird.

In Mendoza wollte Mireille es sich nicht nehmen lassen, mit einem gemieteten Fahrrad die Bodegas der Weingüter abzuklappern, was sich leider als ziemliches Fiasko erwies. Die eine war geschlossen, die andere liess uns ohne Reservation nicht rein, dazu eine unerträgliche Hitze. Wir waren froh, als wir total erschöpft in einem Biergarten Zuflucht fanden. So hatten wir uns das Degustieren von Argentiniens besten Weinen nicht vorgestellt!








Also weiter. Immer weiter nach Norden. Das Dakar Rennen haben wir leider um ein paar Tage verpasst, aber die Inka Ruinen El Shinkal, nahe der Kleinstadt Londres, liessen wir uns nicht entgehen. Was wird wohl von unserer Kultur in 700 Jahren noch übrig sein?















So wie Florian nicht an einer Katze vorbeigehen kann ohne sie zu streicheln, so kommt Mireille nicht umhin, bei jedem exotischen Tier eine Vollbremse zu machen. Und diesmal - oh Freude - war es eine besonders schöne Tarantel, die sich über die Ruta 40 wagte. Aber Mireilles euphorische Versuche, sie mit einem Ast in photogener Position zu schieben, kamen bei der haarigen Dame gar nicht gut an.








Im schönen kleinen Cafayate, ergab sich eine zweite Gelegenheit für ein Weintasting. Und diesmal war es eine echte Freude. Cafayate ist nebst Mendoza eines der wichtigsten Weinanbaugebiete Argentiniens, besonders für seinen fruchtigen Weisswein Torrontés bekannt. Die Höhe von 1600m mag etwas ungewöhnlich sein, aber die vielen Sonnentage, begleitet von unerschöpflichen Wasserreserven aus den Anden, machen das wieder wett. Wir kauften gleich sechs Flaschen Weisswein und einen edlen Tropfen Roten, den wir uns für eine besondere Gelegenheit aufbewaren wollen.

















Danach war eine Abkühlung angesagt. Immerhin bewegte sich das Thermometer auf die 35 Grad zu. Beim nahe gelegenen Rio Colorado fanden wir die gewünschte Erfrischung.














Der Weg nach Salta führte uns durch die feuerrote Quebrada de Cafayate hindurch. Die marsähnliche Schlucht ist von beeindruckenden Sandsteinformationen geprägt. Wir hatten viel Spass im Garganta del Diablo (Teufelsrachen) rumzuklettern oder uns im Anfiteatro zu inszenieren.































In Salta stand neben Museen und gute Restaurants ein grosser Check-Up und Service von Moby auf dem Programm. Schliesslich soll er für die nächsten Besitzer in Bestform sein. Mit ihnen wurde abgemacht, dass wir Moby in einer gedeckten Garage in Salta für sie hinterlassen werden, denn sie kommen erst im September nach Südamerika. Aber vorher wollen wir eine letzte Tour von vier Wochen mit ihm machten: Bolivien, nördliches Chile und schliesslich zurück nach Salta. Von dort aus fliegen wir dann anfangs März nach Panama. Ein letztes Highlite auf dem Südamerikanischen Kontinent wird ein Konzert von Shakira sein, am 1.3. in Salta. Loco loco loco!




























Samstag, 5. Februar 2011

Zurück in Argentinien

Nach einem feinen Stück Kuchen und einem Erdbeerdrink in einem Wi Fi Café liessen wir Futulefú hinter uns und wechselten nach Argentinien, da dort alles ein bisschen günstiger ist.
Ein Grosseinkauf in der Anonyma (Einkaufszentrum) war angesagt. Kurz vor der Dämmerung fanden wir einen Schlafplatz in Trevelin unterhalb einer Brücke.
Ausser bei Regen, wenn der Wasserstand ansteigt, sind Brücken eine gute Alternative zu Tankstellen für ein Nachtlager, da man kaum gesehen wird.
Am Tag darauf besuchten wir den Nationalpark Los Alerces. Uralte Bäume, ein steiler Aufstieg zu einem Wasserfall und ein Platz auf einem gratis Camping warteten auf uns. Die Gegend war wunderschön.









Gesättigt von Seen und Flüssen, fuhren wir weiter nach El Bolson, wo wir geschlagene 5 Tage verbrachten ohne eine einzige Touristenattraktion anzuschauen oder Fotos zu schiessen. Mireille überraschte Jürgen in einem Café und er wies uns den Weg zur Familie von Klaus und Claudia. Diese zwei deutschen Weltenbummler haben sich nach einer abenteuerlichen, 16-jährigen Weltreise in Argentinien niedergelassen.
Nach den Asados (grillieren) diskutierten wir mit Jürgen über zukünftige Geschäfte, Wirtschaft und Politik.

Nun ging es Schlag auf Schlag. Eine Nacht in Bariloche auf einem ziemlich teuren Camping, ein Besuch beim Elastico, damit unser Truck endlich ausbalanciert wurde und einen langersehnten Kurzhaarschnitt für Flow.
Bariloche zieht viele Touristen an, bietet ein breites Angebot an Abenteuersportarten und wurde von einer schweizer Kolonie gegründet.
Wir fuhren weiter Richtung Norden, bis uns die Dämmerung einholte und wir wiederum einen Schlafplatz unterhalb einer Brücke 10 km abseits der Hauptstrasse fanden.



Eingeschneit
Unser nächster Ausflug führte uns hoch hinauf zum Vulkan Copahue. Am ersten Zwischenstopp blies der Wind so stark, dass uns die Zähne vom Staub knirschten. Unbeirrt fuhren wir weiter den Berg hinauf. Unterwegs entdeckten wir heisse Quellen, welche nach Schwefel stanken. Kurz darauf ein Schild, welches uns über einen schmalen holprigen Weg zu einem ausgebauten Schlamloch und einer Dampfhöle führte.
Schnell umziehen und rein ins Schlamassel!
Bei jedem Schritt verbrannte man sich fast die Füsse, denn je tiefer man einsinkt, desto heisser wurde es.
Narürlich machte es Spass sich im Schlamm zu wälzen, das abduschen mit eisig kaltem Wasser war jedoch nur was für hartgesottene. Ausserdem kann das Wetter in den Anden - und speziell über 2000m - schnell umschlagen. Und so kam es auch.

Am nächsten Morgen hatten wir eine weisse Bescherung, was den Aufstieg zur Hauptsrasse etwas prekär machte, aber unser Moby meisterte das Hindernis im 4x4 Modus, mit seinen 6 Rädern und trotz den 6 Tonnen mit Leichtigkeit.
Bei der Abfahrt vom Vulkan begegneten wir mehreren Autos die sich nur kaum bewegten oder im Graben feststeckten - leider haben wir davon keine Beweisfotos...





Eingegraben

Der Kälte überdrüssig fuhren wir über schwach frequentierte, nicht befestigte Strassen ins warme Tal und das Thermometer kletterte von 0 auf 30 Grad.
Wir folgten dem Flussbett des Rio Grande Richtung Norden, bis wir in der Nähe von La Pasarela eine geeignete Stelle für unser Nachtlager gefunden hatten. Voller Enthusiasmus stiessen wir ins Flussbett vor bis unser Vehikel unter dem eingetrockneten sandigem Schlamm einbrach und wir uns weder vorwärts noch rückwärts bewegen konnten.
Zum Glück hatten wir eine Schaufel dabei. Flow, der Mireille ins Verderben gelotst hatte, liess seine Muckies spielen bis er Blasen an den Händen hatte und er nach geschicktem rückwärts - vorwärts manövrieren Moby aus seiner misslichen Lage befreite.
In dieser Zeit sammelte Ex-Pfadfinderin Mireille Feuerholz ein und es dauerte nicht lange bis sie ein schönes Lagerfeuer entfacht hatte.
Kurz darauf erhielten wir Besuch von einem echten Gaucho mit seinem Pferd und zwei Hunden. Nachdem er 8 Stunden geritten war um seine verschwundenen Pferde zu suchen, welche in der spärlichen Vegetation kaum Futter fanden, war er sehr dankbar mit uns ein kühles Bier zu teilen. Wir luden ihn ein zum Nachtessen, wo unser neue Grill zum Einsatz kam. Obwohl der Gaucho nicht besonders redselig war und wir seinen Dialekt nur schwer verstanden, löcherte ihn Mireille so lange mit Fragen, bis er auch was von sich erzählte. Satt und müde bedankten wir uns für die klare Nacht fern ab von Zivlisation und Rucksacktouristen.